Im September 2024 hat das Parlament eine USG-Revision beschlossen, die unter anderem den Art. 22 (Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten) und den Art. 24 (Anforderungen an Bauzonen) betrifft.
Es ist noch nicht ganz klar, wann die Gesetzesrevision in Kraft tritt. Nach Schätzung des BAFU wird dies aber frühestens im Frühjahr 2026 geschehen, inkl. Anpassung der Lärmschutzverordnung. Bis dahin gelten die heutigen Vorschriften.
Ausgangslage: revidierte Bestimmungen
Art. 22 USG (revidiert) – Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten:

Auszug Art. 22 USG, revidierte Fassung (noch nicht rechtskräftig), www.fedlex.admin.ch, 26.2.2025
- Neu sind die Bestimmungen für den Fall, dass die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten sind oder nicht mit verhältnismässigen Massnahmen eingehalten werden können. Im Absatz 2a wird detailliert aufgeführt, unter welchen Bedingungen auch bei überschrittenen Immissionsgrenzwerten eine Baubewilligung erteilt werden kann und es wird eine Verschärfung der Schalldämmung verlangt.
- Neu ist zudem, dass es bei Immissionsgrenzwertüberschreitung in sehr bestimmten Fällen Ausnahmen von den Massnahmen in Absatz 2a geben kann (Absatz 3). Diese Ausnahmen sind nur bei Fluglärm oder für einen kleinen Teil an Wohneinheiten bei grossen Wohnüberbauungen möglich. Eine Verschärfung der Schalldämmung wird aber weiterhin verlangt (Absatz 2b).
- Neu wird zudem im Absatz 4 festgehalten, dass die Pflicht der Anlageninhaber zur Emissionsbegrenzung in jedem Fall bestehen bleibt.
Art. 24 USG (revidiert) – Anforderungen an Bauzonen:

Auszug Art. 24 USG, revidierte Fassung (noch nicht rechtskräftig), www.fedlex.admin.ch, 26.2.2025
- Wie bisher ist die Ausscheidung neuer Bauzonen für Wohnnutzung nur möglich, wenn die Planungswerte eingehalten sind. Im Gegensatz zur aktuell rechtskräftigen Version, ist im revidierten Gesetzestext nicht explizit vorgesehen, dass die Einhaltung der Planungswerte auch unter Berücksichtigung von Lärmschutzmassnahmen möglich ist (-> Lärm-Gestaltungsplan). Ausnahmen sind hier möglich, wenn es zu einer Verdichtung nach innen führt (s. unten).
- Die Umzonung bestehender Bauzonen in Wohnzonen gilt nach wie vor nicht als Ausscheidung neuer Bauzonen. In diesem Fall muss die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sichergestellt sein, die höher sind als die Planungswerte und damit etwas weniger streng.
- Neu ist die Bestimmung für die Ausscheidung neuer Bauzonen für Wohnbauten oder anderer Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen und die Umzonung bestehender Bauzonen in Wohnzonen, wenn die massgebenden Grenzwerte nicht eingehalten sind.
- Mit dieser Bestimmung soll die Siedlungsentwicklung nach innen ermöglicht / vereinfacht werden. Sie kommt zum Zug, wenn ein überwiegendes Interesse an der Siedlungsentwicklung nach innen besteht und ist an zwei Bedingungen geknüpft: es muss ein nahegelegener Erholungsraum vorhanden sein und es müssen Massnahmen zur Erreichung einer akustisch angemessenen Wohnqualität ergriffen werden.
- Die Bestimmungen zu bestehenden, aber nicht erschlossenen Wohnzonen entfallen. Es gelten die Bestimmungen nach Absatz 1 und 3.
Auswirkungen auf Bauvorhaben
Bauvorhaben in lärmbelasteten Gebieten:
Die revidierte Fassung von Art. 22 USG nimmt den Grundgedanken der aktuellen Bewilligungspraxis in verschiedenen Kantonen auf:
Sind die Immissionsgrenzwerte überschritten, müssen alle verhältnismässigen Massnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zu erreichen.
Ist dies nicht möglich, so soll gemäss revidiertem Gesetzesartikel trotzdem eine Baubewilligung erteilt werden dürfen, wenn die aufgeführten Bedingungen erfüllt sind. Im Gegensatz zur aktuellen Bewilligungspraxis beziehen sich die Bedingungen alle auf projektbezogene Massnahmen. Die Lage und Bedeutung einer Baute im ortsplanerischen Kontext sowie erschwerte Rahmenbedingungen beim Bauen im Bestand oder bei Objekten, die in Denkmalschutzinventaren eingetragen sind, werden nicht berücksichtigt, ebenso wenig werden Angaben zum zulässigen Überschreitungsmass gemacht. Auch die Wohnungsgrösse wird nicht thematisiert.
Können die Immissionsgrenzwerte trotz Umsetzung aller verhältnismässigen Lärmschutzmassnahmen nicht eingehalten werden, so soll zukünftig eine Baubewilligung für Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, erteilt werden können, wenn
- Fall 1.1: Jede Wohneinheit über eine kontrollierte Wohnraumlüftung verfügt und ein Kühlsystem vorhanden ist.
-> Wohneinheiten mit ausschliesslich roten Räumen - Fall 1.2: Jede Wohneinheit über eine kontrollierte Wohnraumlüftung verfügt und mindestens ein lärmempfindlicher Raum über ein Fenster verfügt, an dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind.
-> Wohneinheiten mit roten Räumen und mindestens einem gelben Raum - Fall 2: Bei jeder Wohneinheit verfügt mindestens die Hälfte der lärmempfindlichen Räume über ein Fenster, an dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind.
-> Wohneinheiten (ohne kontrollierte Wohnraumlüftung) zur Hälfte rote Räume und zur anderen Hälfte gelbe Räume. - Fall 3: Jede Wohneinheit verfügt über mindestens einen lärmempfindlichen Raum mit einem Fenster, an dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind und über einen privaten Aussenraum, bei dem die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind.
-> Wohneinheiten (ohne kontrollierte Wohnraumlüftung) mit roten Räumen und mindestens einem gelben Raum sowie einem lärmabgewandten Aussenraum
Zusätzlich sind Ausnahmen bei Fluglärm oder für kleine Teile von grossen Wohnüberbauungen möglich.
Die verschärften Anforderungen an die Schalldämmung der Aussenhülle sowie die Pflicht der Anlagehalter zur Ergreifung von Massnahmen an der Quelle bleiben in jedem Fall bestehen.
Mit dieser neuen detaillierten Ausnahmeregelung im Gesetz wird die aktuelle Bewilligungspraxis vereinheitlicht und legalisiert.
Anforderungen an Bauzonen
Die revidierte Fassung von Art. 24 USG sieht eine Ausnahmeregelung im Interesse der Siedlungsentwicklung nach innen vor für die Ausscheidung neuer Bauzonen und die Umzonung bestehender Bauzonen in Zonen mit zusätzlichem Wohnraum, wenn die massgebenden Grenzwerte nicht eingehalten sind. Damit wird die Verdichtung in bestehenden Wohnzonen und die Umzonung brachliegender oder zu gross dimensionierter Gewerbe- und Industriezonen ermöglicht.
Die Ausnahmeregelung verlangt nicht explizit planerische, gestalterische oder bauliche Lärmschutzmassnahmen, sondern einen nahe gelegenen Erholungsraum und Massnahmen zur Erreichung einer akustisch angemessenen Wohnqualität. Sie ist damit sehr offen gehalten, es bleibt abzuwarten, inwiefern diese Bestimmung in Verordnungen konkretisiert wird.